Abstimmung ohne Ausschluss: Systemisches Konsensieren

Gibt es eine Abstimmung, wie z.B. die über den Austritt aus oder den Verbleib Großbritaniens in der EU, ist eines sicher: Es gibt am Ende Gewinner und Verlierer.

Während die Gewinner oft die Gerechtigkeit auf ihrer Seite wähnen, fühlen sich die Verlierer nicht selten ausgeschlossen oder nicht gesehen mit ihren Bedürfnissen. Und das in einer Demokratie/demokratischen Institution, vielleicht auch in der Familie, in der man überstimmt wurde. Ein guter Verlierer, das haben wir gelernt, trägt seine Niederlage mit Würde und fügt sich. Womöglich mit knirschenden Zähnen und das ist auf Dauer nicht gesund. Weder für den Knirscher, noch für die Gemeinschaft.

Smilies - zufrieden oder unzufriedenDie Alternative

Dabei gibt es eine echte Alternative: das systemische Konsensieren.

Christian Felber, der Gründer der Gemeinwohl-Ökonomie, demonstriert das systemische Konsensieren gern anhand des folgenden Beispiels:

Ziel ist es, zu klären, wie viel mehr der Vorstandsvorsitzende eines Unternehmens im Vergleich zu dem am wenigsten verdienenden Mitarbeiter des Unternehmens verdienen soll.

In einem ersten Schritt werden zu dieser Frage verschiedene Vorschläge im Rahmen eines Brainstorming gesammelt. Die Vorschläge lauten bspw. das 10-fache, das 20-fache, das 50-fache und das 100-fache.

Anschließend wird jeder einzelne Vorschlag abgestimmt und zwar so:

Ist man mit dem Vorschlag grundsätzlich einverstanden und hat keinen Widerstand gegen ihn, hebt man keinen Arm. Verspürt man einen leichten Widerstand, dann hebt man einen Arm, ist man total dagegen, hebt man beide Arme.

Ausgezählt werden die gehobenen Arme und auf diese Weise der aufaddierte Widerstand gegen jeden Vorschlag. Als beschlossen gilt derjenige Vorschlag, der den geringsten Widerstand erfährt.

Das systemische Konsensieren wurde von Erich Visotschnig und Siegfried Schrotta, zwei ex-IBM System Analysten in Österreich entwickelt. Es ist aus meiner Sicht ein wunderbar integrierender Weg, wenn es eine Regel oder ein Gesetz oder eine Zahl braucht, auf die man sich einigt, z.B. die Zahl der Messeauftritte im Folgejahr, die Zahl an Praktikanten, die das Unternehmen betreuen will oder anderes.

Gibt es bei der Entscheidung keine Gewinner oder Verlierer, ist die Wahrscheinlichkeit, dass die Vereinbarung von allen mitgetragen wird, um so größer.

Interessant wäre es gewesen, zu erleben, für welche Lösung sich die Briten entschieden hätten, wäre es nicht hop oder top um Bleiben oder Gehen, schwarz oder weiß gegangen…

Einen kurzen illustrierenden Film gibt es auf Youtube hier.

Autorin: Corinna Lütsch

www.mentalenz.de