Wie man mit Spotify die Komfortzone weitert

Wie man mit Spotify die Komfortzone erweitert

Spotify ist mit 207 Millionen aktiven Nutzern Ende 2018 die wichtigste Musik-App der Welt. Und vermutlich die meist kritisierte*. Der Musik-Streaming-Anbieter mache „Musik zur Monokultur“, schrieb bspw. der Spiegel. Ich hingegen will eine Lanze für Spotify brechen, denn ich finde die App wunderbar geeignet, um die eigene Komfortzone zu erweitern. Und das nicht nur musikalisch gesehen.

Dafür ist allerdings Eigeninitiative gefragt. Wer sich mit dem begnügt, was vom Algorithmus kuratiert für die breite Allgemeinheit angeboten wird, darf sich nicht wundern.

Was ist die Komfortzone?

Die Komfortzone stellt man sich am besten als einen Kreis vor, eingefasst von einer roten Linie. Innerhalb des Kreises sind die Dinge, die wir täglich oder regelmäßig tun, ebenso wie z.B. unsere Überzeugungen. In diesem Kreis fühlen wir uns wohl und sicher, hier fordert uns nichts heraus.

Beispielhaft dafür sind die musikalischen Hörgewohnheiten vieler Menschen. Dies dokumentiert eine Studie des Streaminganbieters Deezer, laut der Deutsche im Durchschnitt mit 31 Jahren aufhören, ihren musikalischen Geschmack zu verändern. Für Hörer 35+ bedeutet das oft, per Streamingdienst die Musik zu hören, die bereits auf CDs oder Schallplatten im Regal steht oder stand. Die musikalische Welt ausserhalb dieser Komfortzone wird oft als unübersichtlich oder irrelevant bewertet.

Warum es erstrebenswert ist, die Komfortzone zu erweitern

In der Zone ausserhalb des Kreises finden sich Dinge, die weniger angenehm sind: Das Gespräch mit der unangenehmen Nachbarin, das wir vor uns her schieben, die Präsentation vor der Geschäftsführung, mal wieder joggen gehen. Und eben auch unbekannte, nicht vertraute Musik.

Wenn erforderlich, nähern wir uns der roten Linie, weichen aber in ihrer Nähe wenn möglich zurück. Dann trösten wir uns damit, dass die Sache noch warten kann oder morgen auch noch ein Tag ist. Das ist menschlich, denn wer begibt sich schon gerne auf unsicheres Terrain?

Erstrebenswert ist ein Daueraufenthalt in der Komfortzone dennoch nicht und zwar aus vier wesentlichen Gründen:

  • Ausserhalb der Komfortzone lauern nicht nur Gefahren, sondern auch angenehme Überraschungen und erfrischende Abenteuer.
  • Die Komfortzone hat die Tendenz zu schrumpfen, wenn man sie nicht ab und an ein wenig ausdehnt.
  • Traut man sich aus der Komfortzone heraus, ist die Welt da draussen oft gar nicht so feindlich, wie befürchtet. Und genau diese Erfahrung führt dazu, dass man sich insgesamt wohler in der Welt fühlt – und damit die eigene Wohlfühlzone wächst.
  • Das Selbstvertrauen wächst und schrumpft mit der Größe der Komfortzone.

Gute Gründe, finde ich, um die Komfortzone immer wieder zu verlassen!

Die Komfortzone verlassen im Musik-Biotop von Spotify. Ganz ohne Gefahren.

Wie im richtigen Leben sollte man nicht mit dem ganz großen Wurf beginnen. Stattdessen führt der Weg langsam und aufmerksam vom Bekannten zum Unbekannten. Alles, was es dafür braucht, ist ein bischen Zeit und der Wille, sich auf Neues, Unbekanntes einzulassen. Los geht’s:

  1. Man stelle sich eine Playlist zusammen, die ein Abbild des persönlichen Musikgeschmacks ist. Ohne Anspruch auf Vollständigkeit. 15-20 Lieder genügen.
  2. Aus der Playlist generiert Spotify am Fuss der Liste „Empfohlene Songs. Basierend auf den Songs dieser Liste.“ Oft findet man darin die gleichen Interpreten wie in der Ursprungsliste mit ähnlichen Liedern. Und ein paar gänzlich Unbekannte!
  3. Wer ganz wagemutig ist, geht jetzt noch einen Schritt weiter und wählt einen nicht bekannten Künstler aus. Klickt man diesen an, findet man eine Übersicht, u.a. mit Angaben darüber, „Was anderen Fans gefällt“. Stöbert man in diesen Interpreten, betritt man in der Regel Neuland, welches nicht so arg weit vom eigenen musikalischen Beuteschema entfernt liegt. Und doch einen Tick anders daherkommt. Und verlässt so ganz vorsichtig die eigene musikalische Komfortzone.
  4. Nun braucht es ein wenig Geduld und Muße. Obwohl es viele Lieder gibt, die in den ersten 30 Sekunden alles preisgeben, was sie zu sagen haben, zeigen andere Goldstücke ihre ganze Qualität erst nach mehr als 3 Minuten (z.B. Choir To The Wild – Extended, von Solomon Grey).
  5. Manche Lieder wollen mehrfach gehört werden. Ich habe mit einer Playlist angefangen, die ich „Irgendwie gut“ nannte und habe dort ganz vorsichtig Lieder hinterlegt, welche eigentlich nicht meinem Geschmack entsprechen, die mich aber irgendwie interessiert oder bewegt haben. Einige davon sind zu Lieblingsstücken aufgestiegen, andere habe ich wieder gelöscht.

Es tut gut, Neues zu wagen

Und so dehnt man ganz niederschwellig die eigene musikalische Komfortzone aus. Indem man das tut und womöglich überraschende musikalische Neuheiten entdeckt, trainiert man das Überschreiten der roten Linie auch in anderen Bereichen. Denn kommt es zu angenehmen (musikalischen) Erfahrungen und Entdeckungen, speichern wir einmal mehr die Erfahrung, dass es gut tun kann, Neues zu wagen.

Und ganz nebenbei trainiert man auch die Aufmerksamkeitsspanne, wenn man ungewohnten Tonabfolgen für mehr als 30 Sekunden lauscht.

Eine sehr angenehme Form des Selbstcoaching, finde ich!

Sollten Sie das Gefühl haben, dass Ihre Komfortzone an manchen Stellen so eng geworden ist, dass sie bereits zwickt, dann lassen Sie sich von uns in einem Einzelcoaching unterstützen.

Autorin: Corinna Lütsch

Corinna Lütsch ist geschäftsführende Gesellschafterin der mentalenz GbR sowie Lehrkraft für besondere Aufgaben an der FH Kiel. Ihre Arbeitsschwerpunkte liegen in den Bereichen Teamentwicklung, Business Coaching sowie Selbst- und Zeitmanagement.

www.mentalenz.de

*Weitere Vorwürfe gelten der Bezahlung der Künstler sowie dem Thema Datenschutz.

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