Chillen erlaubt?

Chillen erlaubt?

Chillen wird total unterschätzt. Und ist besser als sein Ruf. Zumindest wenn ich von meinen Vorurteilen auf die anderer Menschen schließe. Denn bis vor wenigen Tagen habe ich noch Tätigkeiten wie müde vor dem Fernseher im Halbschlaf Serien gucken oder das Sinken des eigenen Alkoholpegels abwarten damit verbunden.

Dabei ist Chillen ein exzellenter Stresskiller, fördert das Wohlbefinden, senkt den Blutdruck und hilft, den Überblick (zurück) zu gewinnen.

„Sich entspannen“, „rumhängen, abhängen“, aber auch „sich abregen“ bieten die Wörterbücher mit dem Hinweis auf Jugendsprache, schlägt man das Neudeutsche Wort nach.

… der kleine Bruder der Achtsamkeit

Nun habe ich jedoch von einer Kollegin, die sich auf ihren jüngeren Bruder beruft, erfahren, dass es sich beim richtigen Chillen um einen Zustand entspannter Wachsamkeit handelt. So zumindest habe ich sie verstanden. „Augen und Ohren offenhalten“ gehöre auf jeden Fall zum Chillen dazu.

Chillen, so scheint es mir, ist eine Domäne der Jugend. Von Erwachsenen oft mit Argwohn betrachtet. Dabei ist es im Grunde so etwas wie der kleine Bruder der populären Achtsamkeit. Das sympathische ist: Chillen nimmt sich nicht ganz so ernst, Empfehlungen oder Ratgeber scheint es keine zu geben. Jeder chillt eben auf seine Weise.
Damit ist chillen ein perfekter zeitgemäßer Weg, mit den Anforderungen unserer Welt umzugehen.

Wunderbare Arten zu Chillen…

  • auf dem Sofa dösen und durch die Wimpern eine Fliege beobachten
  • bei stürmischem Wetter das Rudern der Bäume mit ihren langen Ästen beobachten (Achtung: kann in eine Mini-Trance führen!)
  • in das Licht einer Kerze hinein träumen
  • (Spazieren)Gehen, nicht sportlich, sondern ganz gelassen
  • nichts tun und beobachten, wohin die Gedanken führen
  • dazu ein warmes Getränk im Winter und ein erfrischendes im Sommer sowie wahlweise Stille oder begleitende Musik mit wenigen beats per minute.

Chillen ohne Reue

Um angemessen chillen zu können benötigt es die innere Erlaubnis, sich einer solchen Form des Müßiggangs hingeben zu dürfen. Erklären Sie Ihrem inneren Antreiber* (z.B. „streng‘ Dich an“ oder „mach’s allen recht“), dass ein gutes Selbstmanagement, eine Grundvoraussetzung für die eigene Leistungsfähigkeit, wechselnde Phasen von Spannung und Entspannung voraussetzt. Somit ist es für manche Menschen eine gute Idee, das Chillen nach Phasen der Anstrengung einzuplanen, also bewusst ein Zeitfenster zu reservieren.
Und noch ein schwerwiegendes Argument, auch für den Antreiber „sei schnell“: Chillen ist deutlich wirksamer als Fernsehen oder Serien gucken, wenn es um die Stressreduktion geht.

Manchmal gibt es als Zusatzgeschenk beim Chillen eine kleine Überraschung: Geistesblitze nutzen die störungsfreie geistige Umgebung gerne, um sich unverhofft zu zeigen.

*Innere Antreiber sind eine Konzept aus der Transaktionsanalyse.
Ausser den o.g. gibt es die Antreiber „Sei perfekt!“ und „Sei stark!“.
Sollten Ihnen bei dem Versuch zu chillen Ihre Inneren Antreiber wiederholt in die Quere kommen, unterstützen wir Sie gerne in einem Coaching.

Autorin: Corinna Lütsch

Corinna Lütsch ist geschäftsführende Gesellschafterin der mentalenz GbR sowie Lehrkraft für besondere Aufgaben an der FH Kiel. Ihre Arbeitsschwerpunkte liegen in den Bereichen Teamentwicklung, Business Coaching sowie Selbst- und Zeitmanagement.

www.mentalenz.de

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