Es wird enger…

Beim Spaziergang am Ostermontag kam ich an einer Neubausiedlung vorbei. Schmale Häuser, ebensolche Gärtchen dahinter, kaum 20 qm groß. Die meisten Gärten waren verwaist.

FrühlingPhysisch und psychisch wird unsere Welt enger. Physisch durch die Ballung der Menschen in den Großstädten (siehe z.B. die Entwicklung Hamburgs in den letzten 25 Jahren http://commons.wikimedia.org/wiki/File%3ABev._Hamburgs_in_den_letzten_25_Jahren.jpg), in Großraumbüros, auf der Erde. Die Entgrenzung der Arbeit, ihr Eindringen in bis dato abgegrenzte Lebensräume durch mobile Geräte und Medien trägt ihren Teil auf psychischer Ebene bei.

Ob Enge nun ein Stressor ist oder nicht, hängt, wie das bei Stressoren so ist, sehr von der einzelnen Person und ihren Bewertungen ab. Letztes Jahr beim Elbjazz Festival war es trotz Mai sehr kalt und die Menge und Enge beim Jamie Cullum-Konzert vor den Docks von Blohm & Voss war wohltuend schützend und wärmend für mich.

Wird es in meinem Staudenbeet zu eng, hat das zwei Folgen: Den Pflanzen fehlt die Möglichkeit zum weiteren Wachstum. Keine andere Pflanze, kein Flugsamen hat mehr die Chance, sich zwischen den Stauden anzusiedeln. Die Möglichkeit für Unvorhergesehenes ist verbaut. Andererseits schützen die Pflanzen sich gegenseitig in kalten Nächten.

Ob Enge ein Stressor ist, hängt wohl – wie auch bei anderen potentiellen Stressoren – von unserer Bewertung ab. Auch Häufigkeit, Dauer, Freiwilligkeit und Intensität spielen eine Rolle für die individuelle Stressdosis. Erstaunlich finde ich, dass „Enge“ auf der Liste der gängigen Stressoren fehlt, auch wenn bereits belegt ist, dass Büroarbeit in Großraumbüros Folgen für Gesundheit und Motivation der Mitarbeiter hat (siehe auch siehe http://eprints.qut.edu.au/16732/).

Damit die Enge unserer Tage für Sie keine negativen Auswirkungen hat, hilft es, folgendes zu beherzigen:

  • Unterscheiden Sie. Was ist wirklich wichtig? Was lediglich „nice to have“?
  • Lassen Sie „nice to have“ häufiger mal weg, für mehr unverplante Pausen.
  • Bauen Sie Ihren Kalender nicht zu voll, lassen Sie bewusst Lücken für Unvorhergesehenes. Nur so kann Kreativität Früchte tragen.
  • Gehen Sie unter freien Himmel, wenn es Ihnen mal wieder zu eng wird.
  • Atmen Sie tief – denn gefühlte Enge, räumliche oder psychische wirkt sich auf den Atem aus und lässt ihn flach werden.

 

Autor: Corinna Lütsch